Welche Farbe hat die Welt?
Meine Eltern hatten einen Plattenspieler und viele Schallplatten dazu. Schlager-Singles mit 45 Umdrehungen. Eine war besonders zerkratzt, weil ich sie mir als Kind immer wieder auflegte. Drafi Deutscher ging darauf der Frage nach „Welche Farbe hat die Welt?“.
Schlager hör ich heute nur noch selten, aber dieser ist mir in Erinnerung geblieben. Er beschreibt die Welt in vielen Farben: Die Liebe ist Rot, der Himmel blau, der Krieg wird gelb gezeigt, Grün steht für Wachsen und Ernte und das Unwetter wird schwarz gesehen. Zu allem erfährt der Hörer, was es für unser Leben bedeutet. Und wie wichtig es ist, an einer farbenfrohen Welt mit zu malen.
In diesen Tagen kam mir dieses Lied wieder in den Sinn. Als ich mich fragte, in welche Farben ich meinen Pinsel tauchen würde, um die Welt zu malen. Nähme ich eine dunkle Farbe für meine Posaune, weil wir keine Bläserproben haben können? Oder tupfte ich leuchtende Punkte überall da hin, wo die Bläser gerade Abend für Abend mit ihren kleinen Musiken Freude bereiten? Oder von beidem etwas?
Gäbe es trübe Flecken für alles Fehlende und daneben Leuchtendes für neue Entdeckungen? Würden mich die vielen schlimmen Nachrichten an die dunklen Töpfchen führen oder die hoffnungsvollen Geschichten doch eher zu den farbenfrohen?
In Drafi Deutschers Lied kommen beide vor. Die hellen und die dunklen Farben. Das finde ich gut so. Weil der Himmel eben nicht nur blau ist und wir den Regen aus dunklen Wolken so dringend brauchen. Auch Katastrophen und Kriege lassen sich nicht einfach wegpinseln, so schön das auch wäre. Die Welt ist bunt - und das nicht nur von hellen fröhlichen Farben.
Doch hin und wieder merke ich, dass ich wählen kann, mit welcher Farbe ich ein kleines Stück der Welt malen möchte.
Manchmal liegt es bei mir selbst, das Helle zu entdecken oder einfach schwarzzusehen. Manchmal. Und ich erinnere mich, dass es oftmals über den Moment hinaus gut war, wenn ich etwas schön Leuchtendes malen konnte. Für mich gut - und für andere auch.
In dem alten Schlager scheint am Ende die Hoffnung durch, dass alle die Welt einmal in schönen Farben malen werden. Wohlan – das wird seine Zeit brauchen!
Aber ein kleines helles Tupferchen heute schon? … Ich schnappe mir Pinsel und Farben und mache mich auf die Suche! Kommen Sie mit?
Text und Bild: Peter Maciej