{Play}

Bei sich wohnen.

Diese Wochen zwingen uns dazu, viel mehr daheim zu sein als sonst. Manche fühlen sich ungewollt einsam, anderen geht die traute Zweisamkeit schon auf die Nerven. Noch anderen fällt einfach die Decke auf den Kopf. Dagegen kann man sich nicht wehren. Aber es ist nun einmal so.

Also dürfte es das Klügste sein, aus der Not eine Tugend zu machen, die Krise als Chance zu begreifen. Nämlich die Chance um zu lernen, wie das geht, es mit sich selbst auszuhalten.

Das ist schwer. Wie schwer, weiß ich selbst. Sehr gut sogar. Die Decke fällt mir schnell einmal auf den Kopf. Und dann will ich nur noch raus, irgendwohin. Etwas machen, etwas erleben. Andere Menschen treffen.

Jetzt aber bin ich gezwungen, meinen Radius zu begrenzen. Natürlich: Ich telefoniere, bin auf vielerlei Wegen mit Menschen verbunden. Vor der Haustür liegt ein schönes Stück Natur. Niemand sperrt mich ein. Und doch bin ich viel stärker an zuhause gebunden als sonst. Kann nicht vor mir weglaufen.

Dabei hilft mir ein Gedanke, den die ersten Mönche vor fast 1700 Jahren aufgeschrieben haben: „Bleibe in deiner Zelle und deine Zelle wird dich alles lehren.“

Zuhause bleiben, weil mich das etwas lehrt. Ich mich besser kenne und verstehe als vorher. Meine Wünsche, Ängste, Sehnsüchte, mein Schwanken und meine Hoffnung. Das hilft mir, mir weniger vorzumachen. Mich realistischer zu sehen. Wenn es gut geht, verstehe ich auch andere hinterher besser. Und so gesehen, hat der Slogan dieser Wochen „Wir bleiben zuhause“ – unbeabsichtigt – einen geistlichen Sinn.

Pastorin Andrea Wagner-Pinggéra

Foto: Immel / Pixelio