{Play}

Mein Angehöriger ist pflegebedürftig. Was nun?

Beatrice Bruch, Pflegeberaterin der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, weiß: Wenn ein Mensch pflegebedürftig wird, ändert sich nicht nur sein Leben. Auch die Angehörigen müssen sich auf die neue Situation einstellen. In dieser emotional oft schwierigen Zeit, ist Unterstützung und kompetente Hilfe wichtig.

Beatrice Bruch berichtet aus der Praxis, wie die Familie den Pflegebedürftigen / die Pflegebedürftige unterstützen kann, wer den pflegenden Angehörigen beratend zur Seite steht und was z.B. bei der Beantragung von Pflegeleistungen beachtet werden sollte.

Wie wird jemand pflegebedürftig?

Meist sind es Seniorinnen und Senioren, die aufgrund ihres Alters Begleiterkrankungen haben wie Demenz, Schlaganfälle oder komplizierte Brüche. Aber es gibt auch jüngere Leute, die zum Beispiel nach einem Unfall pflegebedürftig werden.

Bei älteren Menschen sind es oft kleine schleichende Veränderungen, die erst ab einem gewissen Punkt Pflege erfordern. Wie können Angehörige diesen Zeitpunkt erkennen?

Zumeist stellt man Änderungen der bisher vorherrschenden Verhaltensmuster fest, was über Jahrzehnte galt gilt nun scheinbar nicht mehr. Dass jemand einem fremd wird, nicht mehr einkaufen oder kochen kann, alltägliche Prozesse wie die Körperpflege nicht mehr gelingen. Angehörige erfahren irgendwann die Grenzen der eigenen Kräfte und benötigen Hilfe. Dann kommen sie zu uns, um sich umfassend über Pflegemöglichkeiten zu informieren – zu Hause oder eben stationär.

Was ist zuallererst zu besprechen?

Wir beraten mit den Verwandten, nachdem diese uns die Einschränkungen beschrieben haben, ob es an der Zeit ist, einen Pflegegrad für ihren Angehörigen zu beantragen. Um einen Pflegegrad zu beantragen, muss die Beeinträchtigung mindestens sechs Monate vorliegen – kurzfristige Beeinträchtigungen beispielsweise nach einem Bruch führen also nicht zu einem Pflegegrad. Entscheidend für den Pflegegrad ist der (noch) vorhandene Grad der Selbständigkeit. Er orientiert sich also nicht an den Defiziten, sondern an den Ressourcen eines Menschen.

Wie wird der Pflegegrad festgestellt?

Die Beantragung des Pflegegrades erfolgt bei der Pflegekasse. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen führt zu Hause die nötigen Besuche und Untersuchungen durch.
Dann wird in sechs Bereichen geschaut, wie hoch der Grad der Selbständigkeit noch ist: in der Mobilität, der kognitiven und psychischen Befindlichkeit, in der Selbstversorgung – wie Waschen und Anziehen, in der Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und im Bereich der Gestaltung des Alltagslebens. Es wird geschaut, ob man Medikamente selbst einnehmen oder sich allein waschen kann und inwieweit man seinen Tag alleine strukturiert.  

In einem komplizierten Verfahren wird das alles besichtigt und bewertet und so kommt am Ende ein Pflegegrad heraus, aus dem sich ableitet, welche Leistungen man in Anspruch nehmen kann.

Wie viele Grade gibt es, und wie unterscheiden sie sich?

Es gibt fünf verschiedene Pflegegrade, beginnend mit Pflegegrad 1. Bei diesem erkennt man Einschränkungen der Selbständigkeit. Pflege steht noch nicht so stark im Fokus. Bei Pflegegrad 5 hat man wirklich den umfangreichsten Hilfebedarf. 

Wann und wie wird nachgeprüft, ob sich der Pflegegrad geändert hat?

Meist gilt der Pflegegrad unbegrenzt, und ich kann in dessen Rahmen unterschiedliche Hilfsmaßnahmen auswählen: Möchte ich das Pflegegeld haben, einen Pflegedienst nutzen, in die Tagespflege gehen oder was auch immer zur Situation passt.

Wenn ich mich für das Pflegegeld entscheide, dann muss ich, je nach Pflegegrad, alle drei oder sechs Monate einen Beratungseinsatz durchführen lassen, in dem geschaut wird, ob die heimische Pflege funktioniert und sichergestellt ist. Auch werden die Angehörigen beraten, wie die Pflege vielleicht noch verbessert werden kann oder welche Hilfsmittel die Pflege vor Ort erleichtern könnten. Dort kann auch die Frage gestellt werden, ob der Pflegegrad noch angemessen ist oder verändert werden muss. Dazu braucht es einen Höherstufungsantrag, welcher dann wieder bei der Pflegekasse gestellt werden muss.

Wie können überlastete pflegende Angehörige unterstützt werden?

Die Pflegeversicherung bietet verschiedene entlastende Angebote: Da kommt zum Beispiel jemand nach Hause, geht mit der betreffenden Person spazieren, hilft etwas im Haushalt oder spielt „Mensch ärgere Dich nicht“. Man kann auch eine Tagespflege anbieten, bei der der Transfer am Vormittag und am Nachmittag zur und von der Tageseinrichtung abgesichert ist. Ganz oft wird dort gekocht, man redet miteinander oder geht spazieren. Das kann vieles entspannen.

Gibt es auch Möglichkeiten für den Austausch der pflegenden Angehörigen untereinander?

Ja, das ist sehr hilfreich. Die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal startet im Herbst in Eberswalde gemeinsam mit der Diakonie und der Barmer Ersatzkasse mit Beratungs- und Schulungsangeboten für pflegende Angehörige. Das soll bald auch für Interessierte im ganzen Landkreis Barnim möglich sein, wenn nötig sogar mit fachlichen Schulungen pflegender Angehörigen in der eigenen Häuslichkeit.

Info zur Altenhilfe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal

In den teilstationären- und stationären Einrichtungen der Altenhilfe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal mit über 1000 Plätzen sorgen die Teams für eine umfassende und vernetzte Betreuung älterer pflegebedürftiger und dementer Menschen. Im ambulanten Betreuungsbereich werden 685 ältere Menschen durch die Mitarbeitenden der Stiftung gepflegt. Insgesamt sind über 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Altenhilfe der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal in fünf Bundesländern beschäftigt.