Eine Pflegefamilie ist oft der letzte Ausweg
Der Beratungs- und Informationsdienstes für Pflegeeltern- und Kinder der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal sucht Pflegefamilien
„Ich bin 25 Jahre alt und mein Sohn wird im November drei. Ich bin Alleinerziehende und einfach total überfordert mit der gesamten Erziehung. Ich selbst habe das Gefühl, dass es meinem Sohn bei mir nicht gut geht, und er tut mir auch oft leid weil ich einfach keine Lust habe mich mit ihm zu beschäftigen oder etwas mit ihm zu unternehmen. Ich mach das zwar, aber oft nur kurze Zeit und dann setze ich ihn vor den Fernseher, damit ich meine Ruhe habe. Wenn ich könnte würde ich ihn einfach zu meiner Mutter geben und dort lassen, damit ich mein Leben leben kann. Ich denke es ist das beste wenn ich ihn in eine Pflegefamilie gebe, da es da jemand gibt, der sich wirklich mit ihm beschäftigen will, der Zeit für ihn hat und auch Lust auf ihn. Ich denke, dort hätte er auch eine gesicherte Zukunft. Ich weiss noch nicht mal wie meine eigene Zukunft aussehen soll ohne Ausbildung und Job. Wie soll ich da meinem Sohn ein Vorbild sein?“ fragt sich Sandra.*
Wenn Annabelle** diese Zeilen liest, bricht ihr das Herz. „Wie kann man seinem kleinen dreijährigen Kind gegenüber nur so gefühllos sein?“ Sie selbst hat ihr erstes Kind mit 22 Jahren bekommen. Nie im Leben wäre für sie selbst eine solche Situation auch nur im Ansatz vorstellbar gewesen. Ihre kleine Tochter war ihr ein und alles. „Partymachen – statt bei der Kleinen zu sein? Nie und nimmer!“
Und dennoch gibt es die Situation – so oder ähnlich überall und auch hier in der Region Barnim. Deshalb ist es gut, sich Hilfe beim Jugendamt zu holen.
Albrecht Schönborn arbeitet als Heilpädagoge beim Beratungs- und Informationsdienst für Pflegeeltern, -kinder und ihre Familien im Barnim (BIBar) der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal. Gemeinsam mit weiteren Mitarbeiterinnen ist er Anlaufpunkt für die Erziehung und Familienberatung, sozialpädagogische Familienhilfe, um z.B. den Alltag besser zu gestalten oder die Unterbringung des Kindes in einem Heim oder einer Pflegefamilie zu organisieren.
Die oben geschilderte Situation ist ein Beispiel und kann sich auch gänzlich anders darstellen. „Kinder lieben ihre Eltern. Und Eltern lieben ihre Kinder, aber manchmal können sie nicht gut für sie sorgen. Dann ist es gut, sie in eine Pflegefamilie zugeben. Ziel dabei ist immer das Kind in einem angemessenen Zeitraum wieder in die eigene Familie zurückzuführen“, weiß Albrecht Schönborn. Gerade aber, wenn z.B. die Gefährdung des Kindeswohls auf dem Spiel steht, kann es passieren, dass das Kind Inobhut genommen und von jetzt auf gleich bei einer Pflegefamilie aufgenommen werden muss. Dafür gibt es im Barnim so genannte Bereitschaftspflegestellen. „Man verpflichtet sich u.a. innerhalb von 1 – 2 Stunden bereit zu sein, ein Kind bei sich aufzunehmen.
Hierfür sind allerdings verschiedene Voraussetzungen nötig. Neben der persönlichen Eignung und Bereitschaft, müssen auch die räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten bestehen. „Alle Pflegeeltern werden hierzu vorab überpüft und erhalten neben vielen Gesprächen im Vorfeld auch eine Pflegeelternschulung über Rechte und Pflichten. „Entscheidend sind keine besonderen beruflichen Qualitäten. Es braucht natürlich ein einwandfreies Führungszeugnis und einen ausreichenden Lebensunterhalt. Keine Rolle spielt ob es ein Ehepaar, ein gleichgeschlechtliches Paar oder eine alleinstehende Person ist.
„Das Alter der meisten Kinder, die in eine Pflegefamilie vermittelt werden“, weiß Schönborn, „liegt zwischen Geburt und drei bis vier Jahren. Jedes Kind, das in eine Pflegefamilie kommt, hat einen Bindungsabbruch als schwere Erschütterung erlebt, manche sogar öfter, um so schwerer wird es für das Kind. „Es ist wichtig zu wissen, dass die Zeit mit ihren Pflegekindern oft nicht immer einfach sein wird und man darauf vorbereitet ist. Aber auch viel Schönes ist mit ihnen zu erleben“, weiß Schönborn aus eigner Erfahrung. „Es ist eine große Herausforderung, die von vielen Facetten begleitet wird. So kann sich der Kontakt zu den leiblichen Eltern unterschiedlich gestalten. Manchmal positiv, manchmal aber auch kompliziert.
Ein Kind hat immer das uneingeschränkte Recht, seine Eltern zu sehen. Dies allerdings nur, wenn es dem Kindswohl nicht schadet. Nie ist zum Beispiel hundertprozentig sicher, wie lange das Kind bleibt – das ist die größte Herausforderung, wenn man zu dem aufgenommenen Kind ja eine liebevolle Beziehung aufgebaut hat.“ Rein rechtlich sind Pflegeeltern Dienstleister im Auftrag des Jugendamtes – doch gehören viel Toleranz, Liebe und auch die Bereitschaft – wieder loslassen zu müssen dazu. „Hierfür muss man stark sein – darauf bereiten wir die Pflegeeltern vor, aber letztlich muss man es selbst erleben. Und – es ist auch eine sehr dankbare Aufgabe.“
Gesucht werden Eltern für Kinder – sowohl für die Kurzzeit-, als auch für die Dauerpflege sowie für die Bereitschaftspflege.
Wer Interesse hat, nimmt bitte Kontakt auf: 03338/3603138
* ** Namen geändert